Konzertbericht: Powerwolf – Wolfsnächte 2022 Berlin

Der Auftakt der Wolfsnächte Tour beginnt, nach pandemiebedingter Verschiebung, am 11.11.2022 in Berlin. Um 17:30 Uhr ist Einlass ins „UFO“ am Velodrom. Die ehemalige Radrennbahn fasst 5.000 Stehplätze, die für den heutigen Abend gut besucht aber nicht ausgebucht sind. Der Oberrang ist mit schwarzen Tüchern verhangen. Nach gut einer Stunde ist die Halle schon zu mehr als drei Vierteln gefüllt und die erste Band des Abends, WARKINGS, betritt 18:40 Uhr pünktlich die Bühne. Dabei lässt man es sich nicht nehmen, zu epischen Chören des Intros jedes Bandmitglied einzeln dem Publikum mit dem Titel des Kriegsgottes, den es liebevoll ausstaffiert darstellt, zu präsentieren. Dementsprechend ist auch das Bühnenbild designed, rechts und links des Schlagzeuga stehen je drei, sich nun entrollende, Banner. Links, aus Sicht des Publikums, prangen Templerkreuze rot auf weißem Grund, rechts, keltische Runen in Gold auf Schwarz und aufgespießte Schädel zu beiden Seiten der Bühne. Zur Mitte hin stehen zwei “S.P.Q.R.”-Adler-Standarten der römischen Legionen, golden auf purpurnem Stoff. Abgerundet wird dieses Bühnenbild durch das im Hintergrund wehende Band-Logo und am vorderen Rand der Bühne durch eine Phalanx griechischer Schilde. Und zu dieser Kulisse betreten die Bandmitglieder nacheinander nun wie Gladiatoren die Arena: Spartan (Schlagzeug), Crusader (Gitarre), Viking (Bass) und zu guter Letzt Tribune (Gesang).

Zum Opener The Last Battle wird schon mit inbrünstiger Überzeugung mit den Worten „Berlin, we want to see your hands!“ die Menge animiert und erste Fäuste recken sich im Takt der Double-Bass in die Höhe. Zu einer spartanischen Lichtshow aus rot und gelb, werden nun die besten Songs aus vier Jahren Bandgeschichte und vier Alben in bester Heroen Power-Metal Manier zelebriert. Zu schnellen Stücken wie Sparta, Fight und Monsters, aber auch zu schweren Dampfwalzen wie Maximus, Hephaistos, Spartacus und Gladiator feiert das Berliner Publikum die „All Star“-Combo aus erfahrenen Metal Musikern und zeigt seine Verbundenheit. Seit dem dritten Song wird geklatscht und gesprungen, der Tribune heizt mit gelegentlichen Ansagen „Warriors and Shieldmaidens of Berlin are you ready?“ das Publikum weiter an, welches die Darbietung wohlwollend aufnimmt und Fäuste schwingend und gut gelaunt in den Freitagabend hineinfeiert. Auch die neu dazu gestoßene Bassistin Morgana Le Fey (The Viking) verdient sich ihre Sporen durch tiefe, bellende Gesangseinlagen bei Monsters oder im Duett mit dem Tribune im Chorus der anderen Songs.

Nach einer halben Stunde Spielzeit beschließt der Track Gladiator den Auftritt der Warkings für diesen Abend. Es ist 19:15 Uhr und das Publikum ist schon gut warmgerockt. Ein gelungener Feldzug also.

Setlist:

  • The Last Battle
  • Spartacus
  • Maximus
  • Monsters
  • Fight
  • Hephaistos
  • Sparta
  • Gladiator

 

Nach dreißig Minuten Umbaupause, in denen das DragonForce Banner hinter der Bühne gehisst wurde, geht es 19:40 Uhr nun mit englischem Hochgeschwindigkeits-Power-Metal in die zweite Runde. Zu beiden Seiten der Bühne sind übermannsgroße Arcade-Spielautomaten zu sehen, die mit LED-Beleuchtungsketten umrandet sind und wahlweise als Podest der Gitarristen Herman Li und Sam Totman und mit Ausschnitten von Arcade-Spiel-Simulationen während den Songs für zusätzliche Unterhaltung sorgen. Der rechte der „Automaten“ hat ein mit Tape abgeklebtes Display, das über den Auftritt hinweg „defekt“ anzeigt und dunkel bleiben wird. Muntere Keyboard- und Gitarrenklänge begleiten den Einzug der Band, während auf zusätzlichen LED-Leinwänden hinter den Musikern grellbunte City-Skylines und Straßenzüge aufflammen. Diese LED-Panele sind zudem so in die Kulisse eingebunden, dass sie zum Retrocharme der Arcade-Module passend, wie 80er Jahre Röhrenfernseher aussehen.

Der erste Song Highway to Oblivion, vom 2019 erschienenen bisher neuesten Album Extreme Power Metal, leitet ein Set ein, das wie gewohnt vor Spielfreude und schnellen Gitarrensoli strotzt. Dazu passend flackern auf den Bildschirmen digitale Autorennszenen in Großstadtumgebung auf und auf dem Arcade-Automaten pixelige Motorsportsimulationen. Hier nimmt sich keiner ernst, sondern es geht ausschließlich um gute Laune. Der zweite Song des Sets ist Fury of the Storm von 2004 und wird mit einer deutschsprachigen Begrüßung und kurzer Anmoderation von Sänger Marc Hudson als „for old school DragonForce Fans“ eingeleitet. Das sorgt für Stimmung unter den Gästen und die Halle ist nun schon deutlich gefüllter. Auf der Bühne dominieren nun Bilder vom Weltraum und dem auf die Erde herabstürzenden Mond das Bild auf den Monitoren. Es schließt sich The Last Dragonborn an, ebenfalls ein Midtempo-Epos vom neuen Album, bei dessen Anmoderation der Frontmann die Inspiration durch das Spiel Skyrim verrät. Dementsprechend ist die visuelle Untermalung mit epischen Schlachten vor mittelalterlicher Kulisse auf den Leinwänden: Menschen gegen Untote, Drachen und untote Drachen zu vielfarbigen Lichteffekten.

Zum sich anschließenden Three Hammers bilden Lavafluten und Vulkanausbrüche die Bebilderung auf den Monitoren und das Tempo wird wieder deutlich angezogen. Berlin wird dadurch ebenfalls befeuert, klatscht, springt und singt fleißig mit. Dies kommt auch dem Song Cry Thunder zugute, der wiederum mit epischen Schlachtszenen von CGI-Armeen optisch gestützt wird und eine reine Mitsingnummer ist. Als humoristisches Extra folgt nun eine rabiat beschleunigte Cover-Variante des Titanic-Klassikers von Celine Dion My Heart will go on. Den Abschluss, nach fast einer Stunde Spielzeit, macht dann das unvermeidliche und bekannteste Stück Through Fire and Flames,  welches das Berliner Publikum dankbar annimmt und die Band in guter Stimmung um 20:30 Uhr entlässt.

Setlist:

  • Highway to Oblivion
  • Three Hammers
  • Fury of the Storm
  • The Last Dragonborn
  • My Heart Will Go On (Céline Dion cover)
  • Cry Thunder
  • Through the Fire and Flames

 

Zur Umbaupause des Headliners des heutigen Abends verhüllt ein schwarzer Vorhang, auf dem in weiß das verwobene Bandlogo „PW“ prangt, die Bühne. Die Halle füllt sich weiterhin und man hat genug Zeit, die kreativen Verkleidungen der Fans zu begutachten. Da gibt es bleich geschminkte Gesichter, die der Bemalung der Bandmitglieder nachempfunden sind, Frauen mit Wolfsohren-Haarreif, als Nonnen verhüllte Metalbräute, bis hin zu Kostümierung mit Wolfsmaske, Priestergewand und zwei Meter langem Flaggenspeer. Es wird also ein Abend voller choraler Metalhymnen und der guten Laune werden. Allerdings wird das Publikum nach 21:00 Uhr ungeduldiger, bis dann endlich kurz vor halb zehn das Hallenlicht komplett erlischt und die ersten Fackeln schemenhaft hinter dem Vorhang erscheinen.

Der Vorhang wird nun fallengelassen und enthüllt den Bühnenaufbau von Powerwolf. Die Bühne sieht aus wie eine Mischung aus verfallener Burg und Gotteshaus, grobe graue Steinwände säumen die Wände. Auf einem Podest links aus der Sicht des Publikums, thront das Keyboard von Falk Maria Schlegel und rechts das Podest des Schlagzeugers Roel van Helden. Fackelträger stehen rechts und links eines gigantischen Fallgitter-Burgtores, durch das die Bandmitglieder unter lautem Jubel des Publikums und Percussion-Marschmusik die Bühne betreten. Als letzter betritt nach den Gitarristen Matthew und Charles Greywolf , der Zeremonienmeister des Abends – Attila Dorn – den Schauplatz seiner Heavymetal-Messe.

Mit Faster than the Flame wird der Abend rasant eröffnet und bereits die Pyrotechnik getestet. Berlin vergilt es den Wölfen bereits mit dem ersten Moshpit des Abends, während Attilas Opernstimme durch die Halle dröhnt und die Zuschauer in ihren Bann zieht. Diesem Bann wird sich in den nächsten zwei Stunden und den insgesamt 18 – in Worten: achtzehn! – Songs niemand mehr entziehen, denn Powerwolf sind schon lange Meister ihres Fachs. Durch andauernde Live-Auftritte auf den großen Open Air Bühnen dieser Welt, ist dies hier jedoch das erste Konzert seit zwei Jahren, das sie in einer Halle absolvieren, lässt uns Attila wissen. Die Expertise zahlt sich aus und auch wenn das hier der Tourauftakt ist, ist die Performance aller Bandmitglieder einfach nur erstklassig und diese professionelle Spielfreude springt auch auf die Zuschauer über. Es wird Incense and Iron angestimmt, eine Midtempo Mitsingnummer, die die Halle auch gleich zum Springen animiert. Unterfüttert wird die Atmosphäre durch eine gigantische rückwärtige Leinwand, die die üblichen Werwölfe in Comiczeichner Manier von Plattencovern und Videos zum jeweiligen Song zeigt. Attila Dorn verspricht dem Berliner Publikum nun die Halle mit Heavy Metal zu segnen und von entweihter Popmusik zu reinigen. Die Wolfsmeute jault auf diese wunderbaren Aussichten wie ein Mann und zündet zum nun folgenden flotten Cardinal Sin den nächsten Moshpit. Im Hintergrund prangt ein riesiger Werwolf, der sich schaurig eine Priestermaske vom Gesicht reißt. Die Stimmung ist ausgelassen. Das Tempo bleibt nach kurzer Abfrage der Textsicherheit des Publikums mit Amen and Attack auf schnellem Niveau. Eine übermannsgroße Orgel, die auf der Mitte der Bühne platziert wurde, gibt weitere Flammenstöße zur Pyrotechnik ab. Wer Powerwolf bisher nicht kannte oder sie live verpasst hat, sollte nun spätestens einen Eindruck von der durch gute Laune getriebenen Musik der deutschen Metal Missionare haben. Keyboarder Falk Maria Schlegels Publikumsanimationen sind kaum notwendig, so ausgelassen, wie hier in den Freitagabend gefeiert wird. Das reißt auch bei Dancing with the Dead nicht ab, auch wenn das Backdrop eine Nonne im Tanz mit dem Sensenmann zeigt.

Metalfists schlagen zusammen mit in die Höhe gereckten „Pommesgabeln“ den Takt. Headbang-Rhythmik ist mit Armata Strigoi und Beast of Gévaudan ebenfalls angesagt, bis beim Song Stossgebet ein großes Kreuz aus LED-Scheinwerfern in der Mitte der Bühne aufgebaut wird, vor dem sich Sänger und Frontmann Attila nun postiert und Berlin zum Beben und Stoßgebet(en) auffordert. Abgerundet wird dieses Bühnenbild wieder durch vier Fackelträger, die zu diesem Song die Bühne betreten. Nach dieser Verschnaufpause geht es mit Song Demons are a Girl´s best friend, dessen Schriftzug man bei vielen der weiblichen Fans hier im Publikum auf der Rückenpartie ihrer Bandshirsts lesen kann, und Fire and Forgive wieder in die Vollen. Mitsingchöre, Tanzen und Fäusteschwingen garantiert. Wirklich ruhig wird es erstmals bei der ersten Ballade des Abends. Where the wild Wolves have gone lässt die Halle fast in einer andächtigen Atmosphäre erstrahlen. Die Stimmung wird dann aber wieder sofort auf de Siedepunkt gehoben und zwar mit dem Live-Debut von Sainted by the Storm, einem Song, bei dem Powerwolf die Gefilde des gewohnt sacralen Metal-Heiligtums verlassen und sich an der Ausgelassenheit von Alestorm-artigen Piraten-Metal erfreuen. Dieser Track wird sich wohl demnächst häufiger in den Setlist finden lassen und verdient zu den Klassikern mit aufzusteigen. Das vorgelegte Tempo und Stimmungsbarometer hält Army of the Night, das zur Aufforderung in die Heavy Metal-Armee einzutreten und ritterlichen Bannern, die nun die Bühne schmücken, zelebriert wird. Zu eingespielten Dudelsack-Melodien weht der Geist der Highlands zu Blood for Blood durch die Halle und Berlin schwingt die Fäuste im Takt. Ein gelungenes Ende wird nun mit dem gediegenen Let there be night eingeleitet. Attila steht erhöht im hinteren Teil der Bühne, der Backdrop zeigt zerklüftete Mauerreste, zu denen sich langsam ein Mond empor schiebt. Berlin verwandelt sich in ein Meer aus Armen, die gemeinsam zur Bühne winken, während der Frontmann einmal mehr seine Opernstimme sprechen lässt. Nach einer kurzen Verschnaufpause wird der, aus drei Songs bestehende Zugabeblock, mit dem Brecher Sanctified by Dynamite eröffnet. We drink your Blood und Werewolfs of Armenia beschließen einen großartigen Konzertabend und einen mehr als nur gelungenen Tourauftakt der WOLFSNÄCHTE 2022.

Setlist:

  • Faster Than the Flame
  • Incense & Iron
  • Cardinal Sin
  • Amen & Attack
  • Dancing With the Dead
  • Armata Strigoi
  • Beast of Gévaudan
  • Stossgebet
  • Demons Are a Girl’s Best Friend
  • Fire and Forgive
  • Where the Wild Wolves Have Gone
  • Sainted by the Storm
  • Army of the Night
  • Blood for Blood (Faoladh)
  • Let There Be Night

Zugabe:

  • Sanctified With Dynamite
  • We Drink Your Blood
  • Werewolves of Armenia

 

Autor: Tino Vogler

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